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Scottish Opera - HMS Pinafore - KulturRadio

Diese CD ist ein Glücksfall und ein erstaunlicher Lebensbeweis des Genres.

Die ganz große Zeit der britischen Operetten von Gilbert und Sullivan mag vorüber sein. Dennoch widmet sich in der neuen Gesamtaufnahme der Scottish Opera sogar erstmals ein Dirigent der Alten Musik, Richard Egarr, diesem in Großbritannien noch immer leidlich gepflegten Repertoire. Neben "Mikado" und den "Pirates of Penzance" (letztere in Berlin zuletzt vor 20 Jahren am Theater des Westens zu sehen) ist "HMS Pinafore", der Durchbruch aus dem Jahr 1878, das bis heute erfolgreichste Stück (auch in Gestalt der meisten Gesamteinspielungen).

Satire auf britisches Klassenbewusstsein und Snobismus

Der Untertitel "Das Mädchen, das einen Matrosen liebte", deutet an, dass es um eine Satire auf britisches Klassenbewusstsein und Snobismus geht. Der Kapitän des titelgebenden Kriegsschiffs will seine Tochter Josephine an einen alten Haudegen verheiraten. Die Lösung bringt "Little Buttercup", die einst zwei Mündel so vertauschte, dass sich plötzlich ein Matrose als rechtmäßiger Kapitän entpuppen kann.

Flotte Tempi, entschlacktes Klangbild und schlanke Stimmen

Mit Tim Brooke-Taylor hat man einen alten Monty-Python-Veteranen als Erzähler verpflichtet. Richard Egarrs Beitrag besteht - neben einem historisch aufgeklärten Bekenntnis zu den Landesfarben - in flotten Tempi, einem entschlackten, konsonantisch "rhetorifizierten" Klangbild und schlanken Stimmen (mit immerhin John Mark Ainsley, Toby Spence und Elizabeth Watts). In den früheren, großen Aufnahmen von Malcolm Sargent oder Charles Mackerras wurde das farcenhafter, alberner, aber zugleich opernhafter präsentiert. Was gleichfalls nicht falsch war, nahm der Komponist Arthur Sullivan doch zeit seines Lebens Stellung gegen die Verballhornungen seiner Partituren durch Blaskapellen etc.

Besetzung mit Opernsängern

Dass das Werk mit richtigen Opernsängern besetzt wird, ist gleichfalls nicht neu. Es unterstützt den Witz, der darin besteht, dass sich Stimmen mit ästhetischem Koturn in die Niederungen der Posse herab begeben. So ist das hier ein Glücksfall und ein erstaunlicher Lebensbeweis des Genres. Die Fähigkeit der Briten, sich über sich selbst lustig zu machen, scheint ungebrochen.

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KulturRadio
28 June 2016