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Ensemble Meridiana - Tastes of Europe - Klassik.com

Momentan erleben Telemanns Blockflötenwerke eine bisher unbekannte Renaissance: Allein in den Frühjahrsmonaten dieses Jahres erschienen gleich drei spannende CD-Veröffentlichungen, die sich Telemanns Werken für Blockflöte widmen. Eine dieser Neuerscheinungen ist die SACD "tastes of europe" des jungen Barockensembles Meridiana, das sich aus Absolventen der renommierten Schola Cantorum Basiliensis zusammensetzt. Seit seiner Gründung 2006 hat das Ensemble international für Aufsehen gesorgt. So konnten sich die fünf Musiker 2007 über den ersten Preis beim Telemannwettbewerb in Magdeburg und 2011 über den Preis der Göttinger "Reihe Historischer Musik" der dortigen Händelgesellschaft freuen. Es gastierte schon bei vielen Festivals für Barockmusik und hat seit seinem Gewinn des "York Early Music International Young Artists Competition" auch einen Plattenvertrag mit Linn Records.

Ihr Debütalbum für das Label präsentiert eine Reihe von Trios und Quartetten Telemanns, in denen die Blockflöte sehr präsent ist. So erklingen das Concerto in G-Dur TWV 43:G6, das Trio in e-Moll TWV 42:e11, das Trio in F-Dur TWV 42:F3, das Concerto in a-Moll TWV 43:a3 und das früher Telemann zugeschriebene Trio in d-Moll TWV 42: d10, das nachweislich vom Altonaer Organisten Pierre Prowo stammt. Dazu erklingen zwei Werke für Oboe, Violine und Basso continuo (Trio in g-Moll TWV 42:g5) und für Violine, Viola da Gamba und Basso continuo (Trio in b-Moll TWV 42: h6).

Die herausragende Musikerin der Einspielung ist die Blockflötistin Dominique Tinguely, die mit ihrem gefühlvollen Spiel der leuchtende Stern der Aufnahmen ist. Aber auch Sabine Stoffer (Violine) und Sarah Humphrys (Oboe) sind echte musikalische Entdeckungen. Christian Kjos (Cembalo) und Tore Eketorp (Viola da Gamba) bilden dazu ein hervorragend aufeinander eingestelltes Basso continuo, dessen musikalischer Ausdruck höchst kultiviert ist. Welchen hohen musikalischen Wert die Einspielungen der fünf jungen Musiker haben, zeigt auch der direkte Vergleich mit zwei "alten Hasen" der Barockmusikszene, dem Ensemble Musica Alta Ripa (MDG 309 1450-2) sowie der Blockflöten-‚Königin‘ Dorothee Oberlinger (dhm 88697397692). Beide Male schlägt sich das Ensemble Meridiana ausgezeichnet, zumal es gegenüber den Musikern von Musica Alta Ripa mit einem viel differenzierteren, sehr viel besser durchhörbaren Gesamtklang aufwarten kann. Als Beispiel sei das Trio 42:d10 genannt, welches das Ensemble Meridiana flüssiger und schneller gestaltet als die Hannoverschen Musiker. Tinguelys Verzierungskunst im 'Allegro 1' lässt Danya Segals Blockflötenton im wahrsten Sinn des Worts ziemlich alt aussehen. Violine und Blockflöte agieren sehr viel harmonischer als in der älteren Einspielung von Alta Ripa. Im 'Adagio' führt Sabine Stoffer die Violinstimme wunderbar weich in den abfallenden Akkorden, wodurch die gesangliche Qualität des Satzes erhöht wird. Das zweite 'Allegro' besticht durch sehr schnelle Tempi, die mit einem durchsichtigen Ensembleklang kombiniert sind. Die fünf Musiker von Meridiana kultivieren dazu eine sehr geschmeidige Linienführung, die das Stück singen lässt. Im finalen 'Presto' arbeitet Christian Kjos den Cembalopart deutlicher heraus, als es Bernward Lohr in der Alta Ripa Einspielung tut. Er lässt sein Instrument wirbelnd sprudeln, wodurch die Musik tänzerisch leicht wird. Der Gesamteindruck ist herrlich leuchtend und klar.

Beim Trio in F-Dur TWV 42:F3 bietet sich ein Vergleich zwischen der Neueinspielung des Ensembles Meridiana mit der Einspielung von Dorothee Oberlinger aus dem Jahr 2008 an, bei dem sie vom Ensemble 1700 begleitet wird. Die fünf Musiker von Meridiana halten den ersten Satz des Trios ('Vivace') langsamer als Oberlinger, wodurch ihr Spiel im direkten Vergleich fast schon etwas behäbig klingt. Dafür ist hier die Gambenstimme von Tore Eketorp exzellent ausmusiziert. Im Gegensatz zu Oberlinger betonen Tinguely und ihre Mitstreiter die lyrische Seite des Satzes, weshalb sie auch mögliche Akzente nicht so markant herausarbeiten wie Oberlinger. Diese hat ferner zur Anreicherung des musikalischen Eindrucks ein Fagott in der Bassstimme besetzt, worauf die Musiker von Meridiana verzichten. Im 'Mesto', dem zweiten Satz, ist die Blockflötenstimme von Tinguely sehr kantabel ausgespielt. Sie versucht, den Ton noch gerader zu führen als Oberlinger. Insgesamt wählen sie aber ein sehr ähnliches Tempo.

Allein diese beiden direkten Vergleiche zeigen, dass dem Ensemble Meridiana mit dieser SACD ebenso überzeugende wie eigenständige Interpretationen gelungen sind, die auf höchstem Niveau mithalten können. Ihr einnehmendes Spiel, der helle, durchsichtige Ensembleklang und die natürliche Schönheit ihrer Phrasierungen machen ihr Debütalbum zu einem sehr hörenswerten Klangerlebnis. Bleibt zu hoffen, dass bald mehr von diesen vielversprechenden Musikern zu hören sein wird.

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Klassik.com
25 June 2011